Am Anfang war das Schnarchen

Geschnarcht wurde seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Geschnarcht wurde in den Höhlen, in denen unsere Vorfahren im Rudel schliefen. Und dieses entsetzliche Geräusch erfüllte auch eine sinnvolle Funktion: Man vermutet, dass damit wilde Tiere in der Nacht davon abgehalten werden sollten, über das schlafende Menschenrudel herzufallen.
von WERNER WALDMANN


Schlafapnoe im Wandel der Zeit

Schon in der Antike wurden typische Merkmale einer Schlafapnoe beschrieben. Der Tyrann Dionysius, der zur Zeit Alexanders des Großen lebte (360 v. Chr.), war ein begnadeter Schnarcher. Der zeitgenössische Historiker Claudius Aelianus schrieb in Kapitel XIII seiner Varia historia („Bunte Geschichte“): „Meiner Kenntnis nach wurde Dionysius von Herakleia… durch tägliche Fresssucht und Maßlosigkeit mit der Zeit so außergewöhnlich korpulent und fett, dass ihm das Atmen sehr schwer fiel.“ Aelianus überlieferte auch die damals gültige pragmatische Therapie: „Zur Behandlung dieser Unannehmlichkeit ordneten die Ärzte die Anfertigung langer, schmaler Nadeln an, die man ihm, sobald er in tiefen Schlaf fiel, seitlich in den Bauch hineinstechen sollte. Diese Aufgabe fiel seinen Bediensteten zu. Solange die Nadel sich durch die Fettschicht bewegte und das Fleisch noch nicht erreicht hatte, lag er da wie ein Stein; doch sobald sie festes Fleisch zu durchstechen begann, spürte er es und erwachte.“

Schriftsteller beobachten ihre Zeitgenossen sehr akribisch. So verwundert es wenig, dass sie Verhaltensauffälligkeiten ihrer Figuren beschreiben, die von der Medizin später als Symptome einer Krankheit erkannt wurden.

Pickwick-Syndrom

Ein berühmter englischer Romanautor hat das Krankheitsbild der übergewichtsbedingten schlafbezogenen Atmungsstörung als Erster beschrieben: Charles Dickens. Mit seinem ersten Roman „The Posthumous Papers of the Pickwick Club“ (deutsch: „Die Pickwickier“) begründete Charles Dickens seinen literarischen Ruhm. Das Werk wurde als Fortsetzungsroman in 20 Teilen monatlich zwischen März 1836 und Oktober 1837 veröffentlicht. Hauptfigur des Romans ist der Gelehrte Samuel Pickwick, Gründer und Präsident des Pickwick-Klubs. Um England kennenzulernen, reisen Pickwick und seine Klubmitglieder Tupman, Snodgrass und Winkle durch dieses Land. Eine Figur des Romans brachte es zu Weltruhm: der Kutscher Joe Joseph, genannt Little Fat Joe, der an Fettsucht und ständiger Schläfrigkeit leidet. Der „fette, rotbackige Jüngling“, so Dickens, „schläft immerfort. Geht einkaufen und schläft dabei, und schnarcht, wenn er bei Tisch serviert“.
Dieses Krankheitsbild ging als Pickwick-Syndrom in die Medizingeschichte ein. Das Pickwick-Syndrom tritt bei Personen mit extremem Übergewicht auf und wird heute als Obesitas-Hypoventilations-Syndrom bezeichnet. Infolge des nicht erholsamen Nachtschlafs entsteht die mehr oder weniger exzessive Tagesschläfrigkeit. Auch andere Autoren schufen Protagonisten, die ihrer Leibesfülle wegen schnarchten oder unter ande- renschlafbezogenen Atmungsproblemen litten.

Shakespeares Dramenfigur Falstaff (gemalt von Eduard von Grützner im Jahr 1921) zeigt die für das Krankheitsbild des „Pickwick-Syndroms“ typischen Merkmal einer extremen Einschlafneigung amTag.

Zentrale Apnoen auch bei Heinrich IV.

William Shakespeare beschrieb in seinem Drama „Heinrich IV.“ gleich zwei Figuren mit schlafbezogenen Atemstörungen: Sir John Falstaff, fettleibig und dem Alkohol nicht abgeneigt, schläft tagsüber ständig ein und schnarcht dabei „wie ein Pferd“. Heinrich fällt auf, wie der Schlafende nach Atem ringt: „Hark, how hard he fetches breath.“ Aber auch der König selbst hat große Probleme: Shakespeare beschreibt, dass Heinrich IV. (vermutlich aufgrund eines Mitralklappenfehlers) öfters an Ohnmachtsanfällen litt, kurzatmig war und schlecht schlief – deutliche Hinweise auf eine Herzinsuffizienz mit Cheyne-Stokes-Atmung. Tatsächlich beschrieb Shakespeare in „Heinrich IV.“ (Teil II, Akt 4, Szene 2) eine solche zentrale Apnoe verblüffend genau. Der schlafende, von seinem Sohn für tot gehaltene König atmet fast eine Minute lang nicht mehr: Eine vor sein Gesicht gehaltene Feder bewegt sich nicht, und auch das Nachtgewand liegt regungslos auf seiner Brust.

Lewis Carroll lieferte in „Alice im Wunderland“ eine treffende Beschreibung der obstruktiven Schlaf- apnoe: Als Alice den Hutmacher und den Märzhasen beim Teetrinken antrifft, liegt zwischen den beiden eine schlafende Haselmaus. Zwischen Alice und den Teegästen entspinntsich ein Streitgespräch darüber, ob „Ich sage, was ich meine“ dasselbe bedeutet wie „Ich meine, was ich sage“. Die Haselmaus fügt im Halbschlaf hinzu: „Du könntest ebenso gut sagen: ,Ich atme, wenn ich schlafe‘ sei dasselbe wie ,Ich schlafe, wenn ich atme‘.“ Offenbar leidet die ständig schläfrige Maus an einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom, kann also nicht gleichzeitig schlafen und atmen. Später stecken Märzhase und Hutmacher die Maus mit dem Kopf nach vorn in einen Teetopf, der dicht um ihren Hals abschließt, sodass die Luft im Topf komprimiert wird und Druck erzeugt – eine Vorahnung der CPAP-Therapie?

Das Phänomen des Schnarchens mit Atemaussetzern freilich wurde über die Jahrhunderte hinweg kei- neswegs als Erkrankung verstanden. Dies geschah erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts.

Beim Pokern eingeschlafen

Der amerikanische Kardiologe Charles Sidney Burwell publizierte im Jahr 1956 einen Fallbericht. Nachdem er Dickens’ Beschreibung des fettleibigen Jungen zitiert hatte, beschrieb er seinen Patienten, einen 51 Jahre alten Geschäftsführer, der ungefähr 1,65 cm groß war und über 118 kg wog:„(Er)kamwegenAdipositas,Abgeschlagenheit und Schläfrigkeit ins Krankenhaus… Der Patient war es gewohnt, gut zu essen, hatte aber erst ungefähr ein Jahr vor seiner Einweisung ins Krankenhaus begonnen, kontinuierlich an Gewicht zuzunehmen… Als der Patient zunahm, traten seine Symptome auf und verschlimmerten sich… Er war während seiner täglichen Verrichtungen schon häufig eingeschlafen… Mehrmals war es bei ihm auch zu kurzen Ohnmachtsanfällen gekommen. Er entwickelte ein persistierendes Ödem an den Fußknöcheln… Ein letztes Erlebnis, das ihm das Ausmaß seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung vor Augen führte, veranlasste ihn schließlich dazu, Hilfe im Krankenhaus zu suchen. Der Patient war es gewohnt, einmal in der Woche Poker zu spielen. An dem erwähnten Pokerabend hatte er drei Asse und zwei Könige in der Hand. Hoyle zufolge bezeichnet man ein solches Blatt als ,Full House‘. Doch weil er eingeschlafen war, konnte er seine Chance nicht nutzen. Ein paar Tage später ließ er sich ins … Krankenhaus einweisen.“ Burwell bezeichnete das Leiden seines Patienten als „Pickwick-Syndrom“.

Die obstruktive Schlafapnoe wird entdeckt

Erst mithilfe der Polysomnografie wies der französische Neurologe Henri Gastaut 1966 nach, dass wie- derholte Obstruktionen der oberen Atemwege, verbunden mit kurzen Weckreaktionen (Arousals), den Nachtschlaf fragmentieren und so zurTagesschläfrigkeitführen.Damit war das Krankheitsbild der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) definiert.

Anfangs hielt man die OSA für eine seltene Erkrankung, die nur stark übergewichtige Männer betreffe. Doch die wenigen Mediziner, die sich Anfang der 1980er-Jahre für die obstruktive Schlafapnoe interessierten, stellten bald fest, dass es sich dabei um eine relativ häufige Atemstörung handelt, die nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen auftritt.

Die einzige Behandlungsmöglichkeit bis weit in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts bestand darin, die Patienten anders zu lagern, also auf die Seite zu legen, da die Atemstillstände sich so etwas verringerten. Weitere Therapiemethoden waren Gewichtsreduktion, Vermeidung von Alkohol und operative Therapien, um die Nasenatmung zu verbessern. In schwerwiegenden Fällen gab es nur eine recht rabiate Therapie, den Luftröhrenschnitt (Tracheotomie). Diesen Eingriff führt man heute noch bei bestimmten Erkrankungen durch, um Patienten künstlich beatmen zu können. Dabei wird durch die Halsweichteile ein Zugang zur Luftröhre geschaffen. Die Atmung erfolgt also nicht mehr durch die oberen Atemwege; so vermeidet man den Kollaps derselben. Eine Arbeitsgruppe in Japan entwickelte eine HNO-Operation, die sogenannte Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP), einen ziemlich invasiven Eingriff am weichen Gaumen. Bei der UPPP werden Gewebe an Gaumensegel und Zäpfchen, oft auch noch die Gaumenmandeln entfernt. Da- durch wollte man den Verschluss der oberen Atemwege vermeiden. Der Erfolg war fraglich; deshalb wird dieser Eingriff heute nur noch selten durchgeführt.

Am Anfang stand ein Staubsauger

Der Goldstandard der Schlafapnoe-Therapie ist die nasale Überdruckbeatmung (nCPAP). Der australische Mediziner Colin Sullivan entdeckte diese Therapie, bei der den Patienten über eine Nasenmaske Überdruck zugeführt wird, welcher die Atemwege offen hält, im Jahr 1981. Bei der Geschichte dieser Erfindung spielten Zufall und Genialität die Hauptrolle.

Colin Sullivan erlebte 1980 auf einem Symposium in Sydney die beiden Schlafpioniere Elliot Weitzman und Christian Guilleminault, die mit endoskopischen Aufnahmen zeigten, dass sich bei Schlafapnoe-Betroffenen die oberen Atemwege verschließen und es so zu mehr oder weniger lang andauernden Atemstillständen kommt. In Toronto arbeitete Colin Sullivan mit dem Schlafforscher Eliot Phillipson zusammen. Phillipson experimentierte mit Hunden, untersuchte die Wirkung der Atemwegsblockade auf Herz und Kreislauf und auf die vegetativen Reaktionen. Fortan konzentrierte auch Sullivan seine Forschungsarbeit auf die oberen Atemwege. Er experimentierte ebenfalls mit Hunden und fertigte dazu Masken aus Fiberglas an. Um hinter den Mechanismus des Atemwegsverschlusses während des Schlafs zu kommen, studierte er die ventilatorischen Reaktionen von Patienten im Non-REM- und REM- Schlaf vor und nach Tracheotomien. Und so kam er mehr oder weniger durch Zufall auf die geniale Idee, Schlafapnoe-Patienten mit Überdruck zu beatmen.

Colin Sullivan berichtet dazu: „Eines Nachmittags bereiteten wir uns auf die nächtliche Untersuchung eines Patienten mit schwerer OSA vor, bei dem eine Tracheotomie geplant war…Bei unserer Besprechung wollte der Patient wissen, ob es denn nicht irgendein anderes Behandlungsverfahren gebe, das ihm helfen könnte. Während mein Blick über all die Masken und Schläuche wanderte, kam mir plötzlich der Gedanke, dass man die Atemwege vielleicht durch Ausübung von Druck offen halten könnte. Das wollte der Patient unbedingt ausprobieren, und so begannen wir um halb vier Uhr nachmittags nach Gerätschaften zu suchen, die wir dafür verwenden konnten. Wir hatten ein großes Rohr, in das wir Löcher bohrten, um eine Nasenbrille darin einsetzen zu können. Anschließend trugen wir eine Menge Silastic- Kleber auf, um die Nasenbrille zu fixieren. Als Nächstes mussten wir uns irgendein Gebläse beschaffen, um einen ausreichenden Druck zu erzeugen.“

Colin Sullivan benutzte, weil im nichts anderes zur Verfügung stand, als Gebläse einen Staubsaugermotor. Und so entstand innerhalb von ein paar Stunden das erste nasale CPAP- Gerät.

CPAP – Durchschlagender Erfolg

Gegen 22 Uhr wollte Sullivan die Therapie bei dem Patienten nur einmal fünf Minuten lang probeweise durchführen. Der Patient schlief ein und entwickelte Atemstillstände. Daraufhin schaltete Sullivan das Gerät ein, und mit einem Schlag blieben die Atemaussetzer aus. Um auszuschließen, dass es sich dabei um einen Zufall handelte, schaltete er das Gerät ab – und im Nu waren die Aussetzer wieder da. Das wiederholte er ein paarmal und war sehr beeindruckt von dem Ergebnis. Sullivan entschloss sich, die Therapie bis zum Morgen fortzuführen. Der Patient schlief wunderbar und wachte am nächsten Morgen erfrischt und ausgeruht auf.

Durch den Einsatz eines kontinuierlichen positiven Atemwegsdrucks (continuous positive airway pressure, kurz: CPAP) über die Nase verhinderte Sullivan den Kollaps der oberen Atemwege und normalisierte damit den Nachtschlaf seiner Patienten. Damit war die Therapie gefunden, die auch heute noch als Goldstandard gilt. Sullivan fand in Peter Farrell einen Partner, der seine neue Therapiemethode industriell umzusetzen wusste. Das Unternehmen, das Farrell zu diesem Zweck gründete, hieß ResMed. Bis sich die CPAP-Therapie zu dem Standard entwickelte, den wir heute kennen, brauchte es allerdings noch 20 bis 30 Jahre.

Die ersten industriell gefertigten Geräte waren riesige Apparaturen und extrem laut. Aus Frankreich kam das Gerät „Pression plus“, etwa so groß wie ein Kühlschrank. Dieses Gerät wog 35 Kilo. Im Abstand von einem Meter hatte es einen Geräuschpegel von 44 Dezibel. Die modernsten heutigen Geräte sind dage- gen flüsterleise; doch damals war die Geräuschbelästigung ein Problem. Zudem war der Druck der frühen Geräte recht instabil.

Atmete der Patient ein, fiel der Druck ab, weil das Gerät ihn nicht so rasch erhöhen konnte; atmete er aus, stieg der Druck an.

Verbesserung der Compliance

Als Nächstes wurde die BiLevel-Therapie entwickelt. Dahinter stand die Idee: Wir brauchen nur bei der Einatemphase einen hohen Therapiedruck, in der Phase des Ausatmens reicht ein geringerer Druck. Denn viele Patienten haben Probleme damit, gegen hohen Druck anzuatmen. So entschloss man sich, in der Ausatemphase den Druck abzusenken. Man machte sich auch Gedanken darüber, den Prozess der CPAP- Einstellung zu automatisieren, sodass der Druck sich flexibel an den jeweiligen Bedarf des Patienten anpasst. Das war die Geburtsstunde der Auto-CPAP-Technologie. Dabei wurde die Atmung des Patienten kontinuierlich gemessen, um alle Veränderungen festzuhalten. Mit diesen Daten ließen sich die Turbinen der CPAP-Geräte individuell steuern.

Kühle, trockene Atemluft trocknet die Atemwege aus. 1971 stellte Fisher & Paykel, ein neuseeländisches Unternehmen, den ersten respiratorischen Atemgasbefeucher für die invasive Beatmung vor. In der Folgezeit entwickelte das Unternehmen Luftbefeuchter für CPAP-Geräte anderer Hersteller. Zwischen 2000 und 2004 konstruierten dann alle Gerätehersteller derartige Befeuchter. In den letzten Jahren kamen intelligente Befeuchtungssysteme mit beheiztem Schlauch hinzu, der die Kondenswasserbildung verhindert.

Heutzutage ist die CPAP-Technologie bei allen Herstellern extrem hoch entwickelt. Die Ingenieure ersinnen immer raffiniertere Softwareprogramme, die den Patienten die Nutzung der Geräte erleichtern und damit die Therapietreue verbessern.

Neue Therapieansätze

Inzwischen gibt es auch andere Therapiemöglichkeiten, die manchen Patienten das oft als lästig empfundene CPAP-Gerät mit der Maske ersparen. Beispielsweise die Protrusionsschiene, die den Unterkiefer nach vorn verlagert und so der Atemwegsobstruktion entgegenwirkt. Selbst Colin Sullivan, der Erfinder der CPAP-Technik, beschäftigt sich inzwischen mit den Möglichkeiten der zahnärztlichen Schlafapnoe-Therapie. Außerdem wurden diverse HNO- ärztliche Verfahren zur Bekämpfung der obstruktiven Schlafapnoe entwickelt; unter anderem wurde die UPPP entscheidend verbessert, sodass sie jetzt wesentlich risiko- und nebenwirkungsärmer ist. Neuere Therapieansätze beruhen auf einem Training der oberen Atemwege.

Kampf gegen das Schnarchen

Doch nicht nur die obstruktive Schlafapnoe, auch das Schnarchen kann zum echten Problem werden. Zumindest für den Bettpartner. Für den Passivschnarcher gibt es nur drei Möglichkeiten, sich gegen die Lärmbelästigung zu wehren: Er kann den Schnarcher wecken, den Geräuschpegel durch Verwendung von „Ohropax“ oder getrennte Schlafzimmer verringern, oder er kann sich an das Schnarchgeräusch gewöhnen, sodass es ihn nicht mehr stört.

Am häufigsten kommt wahrscheinlich die erste Methode zum Einsatz. Unzählige Frauen stoßen nachts regelmäßig ihren Bettnachbarn an, wenn dieser laute Schnarchgeräusche von sich gibt. Üblicherweise dreht der Schnarcher sich dann auf die Seite und wird zumindest vorübergehend ruhig schlafen. Allerdings können durch dieses regelmäßige Stoßen oder Schlagen an dieselbe Körperstelle auch Beschwerden beim Schnarcher auftreten: Von einem 66- jährigen Mann wird berichtet, dass er wegen Schmerzen in der rechten Wade einen Arzt aufsuchte. Keine der Untersuchungen ergab eine Erklärung, sodass der Patient auch nicht behandelt werden konnte. Eines Nachts wachte er wieder mit einem scharfen Schmerz in der rechten Wade auf und bemerkte, dass er von seiner Frau getreten wurde. Als er sie aufforderte, nicht sein wehes Bein zu treten, erklärte die Frau:

„Du hast wieder geschnarcht; ich trete dich deswegen schon immer.“

So fanden die Wadenschmerzen ihre Erklärung, und sie verschwanden, als die Frau aufhörte, ihren Mann jede Nacht zu malträtieren.

Diese Anti-Schnarch-Methode wird von geplagten Passivschnarchern gern genutzt, um ihre während schlafloser Stunden angestauten Aggressionen abzureagieren. Sie hat jedoch erhebliche Nachteile für die Schlafqualität sowohl des Schnarchers als auch des Passivschnarchers, da beide dadurch regelmäßig ge- weckt werden. Die wohl wirksamste und wahrscheinlich auch ungefährlichste Methode ist die Geräusch- dämmung, z. B. mit „Ohropax“ oder durch getrennte Schlafzimmer.

Manche historische Schnarchstopper muten heute recht martialisch an.Abenteuerliche Anti- Schnarch-Vorrichtungen

Weltweit haben Erfinder und Tüftler Apparate entwickelt, die das Schnarchen verhindern sollen. Es gibt insgesamt über 400 patentierte Schnarchverhinderer. Leider sind die meisten dieser Erfindungen nicht durch systematische Studien auf ihren Nutzen geprüft worden. Einige kommen uns heute seltsam vor, da sie auf falschen Vorstellungen über die Ursachen des Schnarchens beruhen; andere muten fast wie Folterinstrumente an.

In der Regel schlafen wir nachts unruhig und wechseln häufig unsere Position: Wir schlafen auf der Seite, auf dem Rücken und teilweise auch auf dem Bauch. Besonders die Rückenlage begünstigt das Schnarchen, da aufgrund der Schwerkraft der Zungengrund zurückfällt und den Rachenraum einengt. Bereits 1872 ließ sich ein amerikanischer Erfinder einen Rückenlage-Verhinderer patentieren: ein Polster in Dreiecksform, das mit Gurten an Rücken und Schultern befestigt wurde. Ein Erfinder aus Tuttlingen meldete 1980 ein Anti- Schnarch-Schlafhemd mit einem per Luftschlauch aufblasbaren Objekt am Rückenteil zum Patent an.

Wenn bei Ihnen beobachtet wurde, dass Sie ausschließlich in Rücklage schnarchen, können Sie sich Ihren eigenen Schnarchverhinderer basteln. Zum Beispiel kann ein Tennisball, eingenäht ins Rückenteil Ihres Schlafanzugs, die Rückenlage verhindern helfen. Es gibt auch sogenannte Anti- Schnarch-Rucksäcke zu kaufen, die wesentlich bequemer sind als der eingenähte Ball. Leider bewirken aber auch sie keine Wunder, denn chronische und übergewichtige Schnarcher schnarchen häufig leider in sämtlichen Schlafpositionen.

Wenn wir im Schlaf durch den Mund atmen, knickt der zurückgefallene Zungengrund den Rachen- schlauch ein und begünstigt das Schnarchen. Deshalb haben viele Erfinder Kinnstützen und Kopfbandagen entwickelt, die verhindern sollen, dass der Unterkiefer sich im Schlaf öffnet. Das älteste deutsche Patent dieser Art meldete 1889 ein Erfinder aus Straßburg an. Es besteht aus einem Luftkissen, das um den Hals gebunden wird und das Herabfallen der Kinnlade verhindert.

Quelle: das Schlafmagazin; Sonderheft 2012
Autor: Werner Waldmann