Neues aus der Schlafmedizin

Verschiedene Artikel rund um das Thema Schlafmedizin

Warum der Job uns manchmal den Schlaf raubt

Jeder zweite Berufstätige leidet unter Schlafproblemen, wobei psychische Belastungen am Arbeitsplatz auf der Liste der Ursachen ganz weit oben stehen – das war schon im DAK-Gesundheitsreport 2010 zu lesen. Eine aktuelle Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt nun, welche Stressfaktoren Berufstätigen am meisten zusetzen: An der Spitze stehen starker Termin- und Leistungsdruck, gefolgt von dem Problem, dass man bei der Arbeit immer wieder gestört oder unterbrochen wird, sehr schnell arbeiten und verschiedene Aufgaben gleichzeitig betreuen muss. Der Mensch ist eben doch nicht fürs Multitasking geschaffen!

Außerdem ist natürlich auch der zunehmende Zwang, rund um die Uhr beruflich erreichbar sein zu müssen, eine große Belastung. Viele Arbeitnehmer checken auch nach Feierabend und am Wochenende ihre beruflichen E-Mails. Nicht immer verlangt der Chef das – viele tun es aus Pflichtgefühl. „Häufig sind es die leistungsorientierten Mitarbeiter, die zwischen Job und Freizeit nicht strikt trennen“, erklärt Michael Nasterlack von der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin. Im schlimmsten Fall kämpfen sie irgendwann mit einem Erschöpfungssyndrom. Um negative Folgen für die Gesundheit zu vermeiden, sollten Beschäftigte sich deshalb feste Regeln setzen. Gut sei zum Beispiel, nach 20.00 Uhr keine geschäftlichen E-Mails mehr zu lesen. „Das geht nicht in jeder Position“, räumt Nasterlack ein. Aber wer nicht unbedingt muss, sollte darauf verzichten. Am Wochenende sind Beschäftigte am besten an mindestens einem Tag offline. So schützen sie ihr Privatleben. Erste Warnzeichen für eine zu starke Entgrenzung von Job und Freizeit sei, dass Beschäftigte auch beim Einschlafen oder am Wochenende noch über berufliche Probleme nachgrübeln.


Genügend Schlaf – weniger Arbeitsausfalltage

Das zeigt eine finnische Studie mit 3760 Probanden im Alter von 30 bis 64 Jahren, die vor kurzem in der bekannten Fachzeitschrift Sleep erschienen ist. Die optimale Schlafdauer, bei der das Risiko für krankheitsbedingte Arbeitsausfalltage am niedrigsten war, betrug für Frauen 7,6 Stunden und für Männer 7,8 Stunden.

Artikel: Lallukka T, Kaikkonen R, Härkänen T, Kronholm E, Partonen T, Rahkonen O, Koskinen S. Sleep and sickness absence: a nationally representative registerbased follow-up study. SLEEP 2014;37(9):1413-1425.


Neue Erkenntnisse über Schlafstörungen im Alter

Ältere Menschen leiden häufig unter Ein- und Durchschlafstörungen und werden morgens oft schon sehr früh wach. Jetzt sind Schlafforscher den Ursachen dafür auf den Grund gegangen: Bei Senioren und Alzheimer-Patienten ist die Anzahl von Nervenzellen in einer bestimmten Hirnregion stark verringert – und von genau diesen Neuronen weiß man, dass ihr Absterben in Tierversuchen zu Schlafstörungen führt. „Diese Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung neuer Methoden zur Bekämpfung von Schlafproblemen bei älteren Menschen helfen und dazu beitragen, dem durch Schlafmangel bedingten geistigen Abbau bei Demenzpatienten vorzubeugen“, erklärt Studienautor Clifford Saper.

Artikel: Andrew S. P. Lim, Brian A. Ellison, Joshua L. Wang, Lei Yu, Julie A. Schneider, Aron S. Buchman, David A. Bennett, and Clifford B. Saper. Sleep is related to neuron numbers in the ventrolateral preoptic/intermediate nucleus in older adults with and without Alzheimer’s disease. Brain, August 2014 DOI: 10.1093/brain/awu222


 Nächtliches Großreinemachen

Amerikanische Wissenschaftler haben in Versuchen an Mäusen nun erstmals entdeckt, warum Schlaf für uns lebensnotwendig ist: Sie untersuchten die Gehirne von wachen und schlafenden Mäusen, maßen den Durchstrom der Hirnflüssigkeit und den Anteil der Zwischenräume zwischen den Nervenzellen am Hirnvolumen. Dabei stellten sie fest, dass dieser sich während des Schlafs vergrößert: Bei wachen Mäusen betrug er nur 13 bis 15% des Hirnvolumens, bei schlafenden Tieren dagegen 22 bis 24%. So kann die Gehirnflüssigkeit im Schlaf besser fließen und Abfall- und Giftstoffe abtransportieren, die die Nervenzellen im Wachzustand erzeugen.

Artikel: Lulu Xie et al.: Sleep Drives Metabolite Clearance from the Adult Brain. Science 342, 373 (2013); DOI: 10.1126/science.1241224


 Unterbrochener Schlaf ist genauso schlimm wie gar kein Schlaf

Wissenschaftler von der Universität Tel Aviv weckten Probanden viermal pro Nacht per Telefon; dann mussten sie jeweils eine kleine Aufgabe am Computer lösen, ehe man sie nach 10 oder 15 Minuten weiterschlafen ließ. Dabei zeigte sich, dass wiederholte Schlafunterbrechungen offenbar genauso negative Auswirkungen haben wie eine Nacht mit nur vier ununterbrochenen Stunden Schlaf: Die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen am nächsten Tag war verringert, ihre Stimmung schlechter als sonst. Keine gute Nachricht für Menschen, die nachts häufig aus dem Schlaf gerissen werden, wie beispielsweise junge Eltern oder Ärzte im Bereitschaftsdienst!

Artikel: Michal Kahn, Shimrit Fridenson, Reut Lerer, Yair Bar-Haim, Avi Sadeh. Effects of one night of induced night-wakings versus sleep restriction on sustained attention and mood: a pilot study. Sleep Medicine, 2014; 15 (7): 825 DOI: 10.1016/j.sleep.2014.03.016


Hypnose als Alternative zu Schlafmitteln?

In einer Studie der Universitäten Zürich und Fribourg mussten sich 70 gesunde junge Frauen zu einem Mittagsschlaf ins Schlaflabor begeben. Vor dem Einschlafen bekamen sie entweder einen neutralen Text oder eine von der Hypnotherapeutin Prof. Angelika Schlarb entwickelte 13-minütige Tiefschlafhypnose zu hören. Zuvor wurden die Probandinnen einem Standardtest unterzogen, der zeigt, ob man gut hypnotisierbar ist oder nicht. Das Ergebnis der Studie: Nicht gut hypnotisierbaren Teilnehmerinnen brachte die Tiefschlafhypnose nichts; die mittelgut hypnotisierbaren Frauen hatten danach jedoch um 80% mehr Tiefschlaf als ohne Hypnose und lagen um ein Drittel weniger wach. Fazit der Studie: Für Menschen, die darauf ansprechen (etwa 50% der Bevölkerung fallen in die Kategorie „mittelgut hypnotisierbar“), könnte Hypnose eine sinnvolle Alternative zu Schlafmitteln sein.

Artikel: Maren Cordi, Angelika Schlarb, Björn Rasch. Deepening sleep by hypnotic suggestions. Sleep. 37(6). June 1, 2014. http://dx.doi.org/10.5665/sleep.3778


 Was Ihr Schlaf über Ihre Beziehung verrät

Forscherinnen von der Universität Pittsburgh haben herausgefunden, dass der Schlaf-wach-Rhythmus von Ehepaaren synchroner verläuft, wenn die Frauen mit ihrer Beziehung zufrieden sind. Sie untersuchten den Schlaf von 46 Paaren und stellten dabei fest, dass zwei Bettpartner im Durchschnitt 75% der Nacht gemeinsam schlafend oder wachend verbringen. Wenn die Frauen die Ehe als glücklich empfanden, erhöhte sich dieser Anteil.

Artikel: Sleep, 37: Supplement, 2014, Abstract 0133


 Sage mir, wie du schnarchst …

…und ich sage dir, was dir fehlt? So weit sind wir bisher leider noch nicht. Natürlich wäre es praktisch, anhand von Geräuschanalysen festzustellen, ob jemand an bloßem („primärem“) Schnarchen ohne Krankheitswert leidet oder eine obstruktive Schlafapnoe hat. Wie schön wäre es, wenn es eine App gäbe, mit der man seine Schnarchgeräusche nachts aufzeichnen und am nächsten Morgen automatisiert auswerten lassen könnte! Wissenschaftler arbeiten eifrig an der Entwicklung eines solchen Diagnostik-Tools; und es gibt auch bereits vielversprechende Ansätze. Zurzeit befindet sich die akustische Analyse von Schnarchgeräuschen allerdings noch im experimentellen Stadium. Sie kann zwar Hinweise auf die Art des Schnarchens und den Entstehungsort der Geräusche liefern, wird die herkömmliche Polygrafie bzw. Polysomnografie in nächster Zeit aber wahrscheinlich nicht ersetzen.

Artikel: C. Janott, W. Pirsig, C. Heiser: „Akustische Analyse von Schnarchgeräuschen“. Somnologie 2014. 18: 87–95


 Lungenkrank durch Billig-Kopfkissen

Ein neunjähriger, zuvor gesunder Junge litt seit einem Monat unter zunehmender Müdigkeit, Gewichtsverlust und trockenem Husten. Im Krankenhaus wurde eine allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen (Alveolitis) festgestellt, die durch Einatmen verschiedener organischer Stäube verursacht wird. Wo die Krankheit herkam, war Ärzten und Eltern ein Rätsel, da bei dem Kind keine typischen Auslöser wie Heu- oder Vogelkontakt vorlagen. Schließlich entdeckte die Mutter die Lösung des Rätsels: Neue Daunenkissen und -decken, die sie vor kurzem im Rahmen eines Billigangebots gekauft hatte, enthielten stark verschmutzte Federn, in denen bei einer Analyse Aktinomyceten nachgewiesen wurden. Das sind Bakterien, die häufig in Silos, Getreidemühlen und Ställen vorkommen und eine allergische Alveolitis verursachen können. Diese Erkrankung wird deshalb auch als „Farmerlunge“ oder „Vogelzüchterlunge“ bezeichnet. Nach Entfernung der Kissen und Decken erholte sich der Junge schnell wieder. Wäre die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt worden, hätte er einen bleibenden Lungenschaden davontragen können. Fazit: Beim Kauf von Bettdecken und Kissen sollte man auf Qualität achten!

Artikel: D. Schmid, P. Waibel et al.: Im Schlaf zur Farmerlunge. Forum Med Suisse 2014; 14(4): 64–66


 Schlaftraining für Dialysepatienten

Menschen mit schweren Nierenerkrankungen leiden oft unter Schlafproblemen wie beispielsweise Ein- und Durchschlafstörungen, Tagesschläfrigkeit und Restless-Legs-Syndrom. Neuere Studien zeigen, dass Schlafmangel und Schlafstörungen die Lebensqualität von Dialyse-Patienten beeinträchtigen und ihre Lebenserwartung verkürzen.

In einer iranischen Studie untersuchten Wissenschaftler die Wirksamkeit eines Schlaftrainings für Dialyse-Patienten: 41 Patienten nahmen an sechs Schulungssitzungen zu je 30 Minuten teil, die aus Einzeltrainings, Vorträgen und Gruppendiskussionen bestanden. In diesen Sitzungen wurden sie unter anderem über schlaffördernde Maßnahmen („Schlafhygiene“) informiert und erlernten Entspannungs- und Imaginationsübungen. Am Ende der Studie hatte sich nach eigenen Angaben dieser Patienten ihre Schlafqualität verbessert, sie konnten schneller einschlafen und fühlten sich tagsüber fitter als die 41 Patienten aus der Kontrollgruppe, die kein Schlaftraining erhalten hatten.

Artikel: Dr. rer. medic. Dietmar Wiederhold: Effektivität eines Trainingsprogramms zur Verbesserung des Schlafes. Dialyse aktuell 2014; 18 (7): 354


 Schlafwandler stürzt Felsen hinunter

Wer schlafwandelt, lebt gefährlich: Anfang September dieses Jahres ging der 27-jährige Ryan Campbell aus Ohio nichtsahnend auf einen Campingausflug, legte sich in einer Hängematte zur Ruhe – und wachte eine Stunde später fast 20 Meter tiefer in einem Rhododendronbusch auf. Freunde hatten beobachtet, wie er aufstand und zu schlafwandeln begann, konnten aber nicht mehr rechtzeitig eingreifen: Hilflos mussten sie mitansehen, wie er auf einen in der Nähe gelegenen Felsvorsprung zuging und in die Tiefe stürzte. Sie alarmierten Rettungskräfte, die fast drei Stunden brauchten, um sich an der steilen Felswand abzuseilen und zum Unfallort zu gelangen. Wundersamerweise lebte Ryan Campbell noch und hatte auch keine schweren Verletzungen: Der Rhododendronstrauch, in dem er gelandet war, hatte ihm das Leben gerettet. Im Krankenhaus musste er wegen einer Schnittwunde am Hinterkopf und einem angeknacksten Rückenwirbel verarztet werden und schwört, dass dies das erste und letzte Mal war: „In Zukunft werde ich mich nicht mehr in eine Situation bringen, in der mir so etwas passieren kann.“ Tatsächlich empfehlen Ärzte Schlafwandlern, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die sie vor Selbstverletzung schützen – also z.B. dafür zu sorgen, dass sie nachts das Fenster nicht öffnen können. Mit der sogenannten „schlafwandlerischen Sicherheit“ ist es nämlich nicht weit her.

Artikel: „Man Sleepwalks Over Cliff While Camping“, http://abcnews.go.com/US/man-sleepwalks-cliff- camping/story?id=25403691


 Herzinsuffizienz stört Schlafrhythmus

Menschen mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz) leiden nicht nur häufiger an schlafbezogenen Atemstörungen wie obstruktiver Schlafapnoe oder Cheyne-Stokes-Atmung. Wie eine neue Studie zeigt, ist auch ihre Schlafarchitektur gestört: In der Gesamtschlafdauer unterscheiden sie sich zwar nicht von herzgesunden Menschen; sie haben aber einen geringeren Anteil an Leichtschlaf und REM-Schlaf. Der REM-Schlaf ist eine Schlafphase, die durch rasche Augenbewegungen (rapid eye movements = REM) gekennzeichnet ist, in der wir unsere lebhaftesten Träume haben und die für unsere geistige und seelische Regeneration besonders wichtig ist. Unter anderem dient er der Konsolidierung von Gedächtnisinhalten.

Artikel: DGK Abstract Türoff et al., Schlafqualität und -quantität bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz im Vergleich zu einem Vergleichskollektiv ohne kardiale Vorgeschichte. Clin Res Cardiol 103, Suppl 2, Oktober 2014 – Beitrag PP100

Quelle: das schlafmagazin 4/2014

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