Guter Schlaf – Eine wichtige Voraussetzung für unsere psychische Gesundheit
Viele Schlafprobleme gehen mit psychischen Störungen einher. So erhöhen Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnien) beispielsweise das Risiko für die Entstehung einer Depression. Auch Schlaf-Apnoiker und Restless-Legs-Patienten leiden häufig unter Depressionen oder Angststörungen. Oft kann man diesen Patienten am besten helfen, indem man neben ihrer Schlafstörung auch die psychische Erkrankung mitbehandelt. Um dieses Thema ging es im „Update Schlafmedizin“, das im November letzten Jahres am Pfalzklinikum in Klingenmünster stattfand.
…von Marion Zerbst
Depression als Grund für schlechten Schlaf
Die meisten depressiven Menschen schlafen schlecht. Umgekehrt leiden viele Insomniker gleichzeitig auch unter Depressionen: Durch eine Ein- oder Durchschlafstörung verdoppelt sich das Risiko, an einer Depression zu erkranken. „Das heißt aber nicht, dass jeder, der schlecht schläft, depressiv wird“, erklärte Professor Dieter Riemann, leitender Psychologe an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg, in seinem Vortrag. „Normalerweise liegt das Risiko, irgendwann im Leben einmal eine Depression zu entwickeln, bei 10%; bei Insomnikern sind es dann eben 20 %.“
Schlafstörungen können ein Frühwarnsignal für die Entstehung einer Depression sein. Das gilt insbesondere für Menschen, die schon einmal eine depressive Episode durchgemacht haben: Schlaflosigkeit ist das erste warnende Anzeichen dafür, dass sich eine erneute Depression ankündigt, und kann dieser um bis zu vier Wochen vorausgehen. „Deshalb geben wir unseren depressiven Patienten den Ratschlag mit auf den Weg, nicht nur, wenn ihre Stimmung wieder schlechter wird, sondern auch, wenn ihr Schlaf sich erneut verschlechtert, so schnell wie möglich zu uns zu kommen; denn dann können wir diesen Prozess vielleicht noch rechtzeitig abbremsen, damit der Patient nicht wieder in eine Depression hineinrutscht.“
Eine adäquate Insomnie-Therapie kann also durchaus eine sinnvolle vorbeugende Maßnahme gegen die Entstehung von Depressionen sein. Hundertprozentig bewiesen ist das zwar bis jetzt noch nicht, aber es spricht vieles dafür: „Es gibt Studien, die zeigen, dass das Behandlungsergebnis bei depressiven Patienten mit Schlafstörungen besser ist, wenn sie zugleich auch eine Verhaltenstherapie für ihre Insomnie bekommen.“
Vorsicht mit Antidepressiva bei RLS-Patienten!
Auch Patienten, die an einem Restless Legs Syndrom (der „Krankheit der unruhigen Beine“, kurz: RLS) leiden, haben ein höheres Risiko für Depressionen. Bei ihnen stehen Depressionssymptome im Vordergrund, die auch auf den durch das RLS gestörten Schlaf zurückzuführen sein können: Ermüdbarkeit, Reizbarkeit, Unzufriedenheit. „Es könnte sich dabei um eine reaktive Depression – also eine Reaktion auf die RLS-Symptome – handeln“, erklärte Diplompsychologe Dr. Marcus Schweitzer, der das Schlaflabor der psychosomatischen Klinik Angermühle in Deggendorf leitet.
Bei einem Restless Legs Syndrom, das von einer leichten Depression begleitet wird, empfiehlt er daher, zuerst einmal das RLS zu behandeln und zu schauen, ob die Depression dadurch nicht von selbst abklingt. Eine mittelschwere bis schwere Depression sollte hingegen gleich mitbehandelt werden. Allerdings ist hier Vorsicht geboten; denn manche Antidepressiva (beispielsweise Mirtazapin) können ein RLS auslösen oder verstärken.
Auch Narkoleptiker haben eine erhöhte Rate an psychiatrischen Erkrankungen: Nicht nur Depressionen, sondern auch bipolare Störung, Agoraphobie und ADHS im Kindesalter kommen bei ihnen häufiger vor als bei schlafgesunden Menschen. Als komplizierender Faktor kommt bei Narkolepsie-Patienten noch hinzu, dass sie viele Medikamente einnehmen müssen: So erhalten sie beispielsweise Antidepressiva zur Kontrolle ihrer Kataplexien und Stimulanzien gegen ihre Müdigkeit. Außerdem leiden Narkoleptiker besonders häufig unter Herz-Kreislauf- Erkrankungen (z.B. metabolischem Syndrom, Bluthochdruck und zu hohen Cholesterinwerten), die ebenfalls die Einnahme von Arzneimitteln erforderlich machen.
Oft weiß man im Einzelfall nicht, ob psychische Störungen auf die Narkolepsie und die damit einhergehende seelische Belastung oder auf die Medikamente zurückzuführen sind. Die Einnahme von Stimulanzien kann beispielsweise dazu führen, dass Menschen sich impulsiver und manchmal auch risikofreudiger verhalten. Und das Natriumoxybat, das Narkoleptiker gegen ihre Kataplexien einnehmen, kann depressive und psychotische Symptome auslösen. Leider gibt es bisher noch keine hinreichende Evidenz für spezifische Behandlungsstrategien, die sinnvoll sein könnten, wenn Narkoleptiker psychiatrisch erkranken.
Alkohol ist kein Schlummertrunk
Menschen, die schlecht schlafen, haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für diverse psychische Störungen, sondern rutschen auch leichter in eine Alkoholabhängigkeit hinein. Irgendwie ist es ja auch verständlich, dass jemand, der permanent schlecht schläft, ab und zu einmal versucht, sich mit Alkohol zu „betäuben“. Aber davor kann nur gewarnt werden: Alkohol ist kein Schlummertrunk! Er führt keinen erholsamen Schlaf herbei, sondern erleichtert lediglich das Einschlafen. Doch hat das Schlafmuster, das Menschen im Alkoholrausch erleben, mit natürlichem Schlaf nur wenig zu tun: Es handelt sich eher um einen betäubungsähnlichen Zustand. Und selbst dieser ist nicht von langer Dauer: Schon nach drei bis vier Stunden erwacht der alkoholisierte Schläfer mit Schwitzen, Unruhe, Durst, zu hohem Blutdruck und Herzrasen, denn jetzt erlebt er quasi einen „Mini-Alkoholentzug“ mit den typischen Entzugssymptomen. Viele Alkoholabhängige gönnen sich jetzt einen alkoholischen „Nachtrunk“, um die Entzugserscheinungen abzumildern und wieder einschlafen zu können. Ohne diesen Nachtrunk stellt sich in der zweiten Nachthälfte ein ausgeprägtes insomnisches Schlafprofil mit starker Schlaffragmentierung ein.
Auch bei Menschen, die sich einem Alkoholentzug unterziehen, ist die Schlafarchitektur massiv gestört: Sie können schlechter einschlafen und liegen nachts häufig wach. Die Tiefschlafdauer ist vermindert. Mit der Zeit – und mit dem Abklingen der Entzugssymptome – normalisiert sich der Schlaf dann allmählich wieder. „Anti-Craving-Substanzen“ wie Acamprosat (Campral®) werden zur Unterstützung bei Alkoholentzug eingesetzt, weil sie die Lust auf Alkohol verringern. Sie eignen sich aber auch für die Behandlung von Schlafstörungen während des Alkoholentzugs, und der Arzt sollte sie den Patienten daher lieber über längere Zeit verschreiben: „Zehn Wochen sind gut – zehn Monate sind besser, um eine Regeneration der vollkommen durcheinandergeratenen Neurotransmitter zu ermöglichen“, meint Professor Reinhard Steinberg, der sich auf das Thema „Schlaf und Suchterkrankungen“ spezialisiert hat. Denn wenn ein Patient im Alkoholentzug über gestörten Schlaf klagt, ist das ein wichtiges Warnsignal für einen drohenden Rückfall.
Hände weg von Zigaretten und zu viel Kaffee
Nikotinabhängigkeit erzeugt ebenfalls ein insomnisches Schlafmuster: Der Schlaf verkürzt sich, das Schlafprofil ist gestört (was freilich durch Nikotinpflaster abgemildert werden kann). Auch erhöhter Koffeinkonsum kann zu erheblichen Schlafstörungen führen. Wer Schlafprobleme hat, sollte daher ab dem frühen Nachmittag lieber auf koffeinhaltige Getränke verzichten und überhaupt möglichst wenig Kaffee zu trinken, da dieser mehr Koffein enthält als Tee.
Grundsätzlich gilt, dass eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung, Nikotinverzicht und nur gelegentlichem, maßvollem Alkoholkonsum die beste Voraussetzung für einen gesunden Schlaf ist. Weitere Ursachen von Schnarchen & schlechtem Schlaf, finden Sie auf unserer Seite: Schnarchen verhindern.
Quelle: das schlafmagazin 1/2015