Kopfschmerzen und Schlafstörungen: Ein Übel kommt selten allein

Schlafstörungen und Schmerzen sind ein unangenehmes Zweigespann: Sie treten häufig zusammen auf und können sich gegenseitig verstärken. Außerdem gibt es bestimmte Schmerzarten, die oft oder ausschließlich aus dem Schlaf heraus beginnen. Besonders häufig ist das bei Kopfschmerzen der Fall.
…von Anne Greveling

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass zwischen Kopfschmerz und Schlaf ein enger Zusammenhang besteht: 75 % aller Kopfschmerzpatienten leiden unter einem gestörten Schlaf. Die kausalen Beziehungen zwischen diesen beiden Krankheitsbildern sind sehr vielfältig: So können bestimmte Schlafstörungen Kopfschmerzen verursachen; andererseits kann der Schmerz einem aber auch den Schlaf rauben. Und nicht zuletzt gibt es Medikamente gegen Schlafstörungen, die bei manchen Menschen Kopfschmerzen auslösen. Dies ist zum Beispiel bei Benzodiazepinen und beim „Wachmacher“ Modafinil der Fall, der zur Behandlung der Narkolepsie eingesetzt wird.

Kopfweh durch Schlafstörungen

Kopfschmerzen können durch schlechten und unzureichenden Schlaf verursacht sein

Foto AOK Mediendienst

Chronischer Schlafmangel und obstruktive Schlafapnoe (OSA) erhöhen nicht nur das Risiko für Unfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern können auch zu Kopfschmerzen führen: Ein bis zwei Drittel aller OSA-Patienten klagen über meist morgendlichen Kopfschmerz, dessen Intensität in der Regel mit dem Schweregrad der nächtlichen Atemstörung korreliert. Werden die Patienten mit einer CPAP-Therapie behandelt, so verschwinden die Schmerzen normalerweise. Aber auch isoliertes Schnarchen – ohne Atemstillstände – ist bereits ein Risikofaktor für morgendliche Kopfschmerzen.

Und schlafbezogene Atemstörungen sind leider keineswegs die einzigen Schlafprobleme, die Kopfweh verursachen können: Auch von den Patienten, die an einem Restless-Legs-Syndrom oder unwillkürlichen nächtlichen Beinbewegungen leiden, klagen etwa 25 % morgens häufig über Kopfschmerzen.

Wenn die Seele mit den Zähnen knirscht …

Ein weiteres Problem, das morgens zu Kopfweh aber auch zu Schmerzen in Nacken, Kiefergelenken und Kaumuskulatur führen kann, ist nächtliches Zähneknirschen (im medizinischen Fachjargon als Bruxismus bezeichnet). Denn durch den Druck beim Zusammenpressen von Ober- und Unterkiefer kommt es zu Verspannungen der Kaumuskulatur, die sich oft bis in den Nackenbereich hinein ausdehnen. Außerdem werden dadurch leider auch oft die Zähne und Kiefergelenke geschädigt: Es kann zum Abrieb der Kauflächen, zu Rissen im Zahnschmelz oder sogar zu einem Verschleiß der Kiefergelenke kommen, die durch das ständige Knirschen überlastet werden. Meist liegen dem nächtlichen Zähneknirschen Stress oder psychische Probleme wie beispielsweise Angststörungen und Depressionen zugrunde: Man ist innerlich so angespannt, dass man auch nachts nicht „loslassen“ kann.

In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, sich beim Zahnarzt eine Knirscherschiene anpassen zu lassen. Diese aus durchsichtigem Kunststoff gefertigten Schienen werden nachts getragen und entspannen die Kaumuskulatur, sodass die Schmerzen in Kopf, Nacken und Kiefer zurückgehen. Gegen die innere Anspannung hilft die Schiene allerdings nicht: Hier kann das Erlernen von Entspannungsübungen und Stressbewältigungsstrategien hilfreich sein.

Das Gewitter im Kopf

Migräne kann einem das Leben zur Hölle machen: Diese Kopfschmerzen sind so schlimm, dass viele Betroffene sich bei einer Migräneattacke in einen abgedunkelten Raum zurückziehen und nur noch ihre Ruhe haben wollen. Hinzu kommen unangenehme Begleitsymptome wie Sehstörungen, Licht- oder Lärmempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen. Die Kopfschmerzanfälle treten auffallend häufig aus dem Schlaf heraus auf: Oft beginnen sie während des REM-Schlafs, im Tiefschlaf oder auch während eines Nickerchens am Tag. Außerdem führen sie auch wiederum zu Schlafstörungen: Während einer Migräneattacke ist der REM-Schlaf vermindert und die Schlafqualität häufig beeinträchtigt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen ferner, dass Migränepatienten besonders häufig unter Schlafwandeln, plötzlichem nächtlichem Hochschrecken (Pavor nocturnus) und Bettnässen leiden. Außerdem besteht offenbar auch ein Zusammenhang zwischen Migräne und RLS: Das Risiko, an beidem zu erkranken, ist erhöht.

Andererseits kann Schlaf die Migräne-Folter aber auch beenden: Am wohltuendsten für diese Patienten ist Ruhe und Entspannung in einer reizarmen Umgebung; meist wird der Migräneanfall dann von einem tiefen und erfrischenden Schlaf beendet. Hinterher fühlt man sich wieder „wie neugeboren“. Außer Schlafen helfen Medikamente und zur Vorbeugung von Anfällen ein geregelter Tagesablauf; denn der Migräne liegt eine Reizverarbeitungsstörung im Gehirn zugrunde: Migränepatienten sind reizüberempfindlich, das heißt, ihr Gehirn kann die vielen Außenreize, die ständig auf uns einstürmen, nicht so gut filtern. Irgendwann kommt es dann zum Migräneanfall, bei dem das Gehirn sich von der Reizüberflutung erholt und der Patient durch die Schmerzen gleichzeitig zur Abschirmung vor Außenreizen gezwungen wird. Migräne-Experten sind der Meinung, dass Patienten, die sich von vornherein genügend Ruhephasen gönnen, Migräneanfällen auf diese Weise weitgehend vorbeugen und lernen können, gut mit ihrer Krankheit zu leben. Für solche Menschen sind Stress und Aufregung Gift, und eine ruhige, ausgewogene Lebensweise ist das beste Heilmittel!

Schmerzen, die einen zum Wahnsinn treiben können Auch Clusterkopfschmerzen treten bei 60 % der Patienten sehr häufig und bei 8 % sogar ausschließlich während des Schlafs (häufig zwischen ein und drei Uhr nachts) auf. Bei diesem zum Glück seltenen, attackenartigen Kopfschmerztyp tut es hinter, über oder neben dem Auge weh, und zwar so schlimm, als würden einem glühende Nadeln oder Messer durchs Auge gestoßen – so beschreiben manche Patienten ihre Schmerzen. Betroffen ist (ähnlich wie bei der Migräne) immer nur eine Gesichtshälfte. Oft strahlt der Schmerz vom Auge in die gesamte betroffene Gesichts- oder Schädelhälfte, den Kiefer oder Nacken aus. Gleichzeitig leidet der Patient unter geröteten Augen, Tränenfluss, geschwollenen Nasenschleimhäuten (wodurch das Gefühl einer „verstopften Nase“ entsteht); er schwitzt, und seine Pupillen verengen sich. Die Schmerzen, die zwi-schen zehn Minuten und drei Stunden andauern können, sind so mörderisch, dass diese Kopfschmerzart sehr treffend auch als Suicide Headache (Selbstmordkopfschmerz) bezeichnet wird.

Die Attacken treten gebündelt (in „Clustern“) auf und wiederholen sich während dieser Krankheitsphasen, die sich über Wochen oder manchmal sogar Monate erstrecken können, immer wieder. Im Gegensatz zu Migränepatienten sind die Betroffenen während eines solchen Anfalls meistens eher unruhig, laufen herum und schlagen mit dem Kopf gegen die Wand oder mit den Fäusten auf den Tisch, weil die Schmerzen sie schier verrückt machen.

Es gibt gute medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapiemaßnahmen gegen den Clusterkopfschmerz; „heilen“ lässt er sich allerdings leider nicht. Durch eine wirksame Behandlung bessern sich aber meistens auch die Schlafstörungen; denn die nächtliche Erholung wird durch die höllischen Kopfschmerzen natürlich ebenfalls beeinträchtigt: Der Schlaf ist fragmentiert und unerholsam; Häufigkeit und Dauer der für unsere geistig-seelische Regeneration so wichtigen REM-Schlafphasen nehmen ab.

Und es gibt, wie man inzwischen weiß, auch noch weitere Zusammenhänge zwischen Clusterkopfschmerzen und gestörtem Schlaf: 60 % aller Patienten mit diesem Kopfschmerztyp leiden gleichzeitig unter schlafbezogenen Atemstörungen, wobei die Attacken gehäuft nach einer Sauerstoffentsättigung auftreten. Manchmal kann eine CPAP-Therapie die Häufigkeit der Kopfschmerzanfälle reduzieren.

Quelle: das schlafmagazin; Heft 02/ 2014